Häufige oder längerfristige Arbeitsunfähigkeitszeiten infolge von Krankheit können unter engen Voraussetzungen eine Kündigung rechtfertigen. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen häufigen Kurzzeiterkrankungen, langandauernder Krankheit und krankheitsbedingter Leistungsminderung.
Jede krankheitsbedingte Kündigung setzt zunächst eine negative Zukunftsprognose voraus. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass auf Grund der Fehlzeiten in der Vergangenheit auch in der Zukunft mit erheblichen krankheitsbedingten Ausfällen des Arbeitnehmers zu rechnen ist.
Ist die Krankheit des Arbeitnehmers ausgeheilt, wird dies meist nicht gelingen.
Sodann muss der Arbeitgeber die Beeinträchtigung von betrieblichen Interessen darlegen. Dies können beispielsweise zu erwartende hohe Entgeltfortzahlungskosten oder Betriebsablaufstörungen (bspw. Überstunden der anderen Mitarbeiter) sein.
Zuletzt muss eine Interessenabwägung erfolgen. Hier wird geprüft, ob dem Arbeitgeber trotz der negativen Zukunftsprognose und der Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist. Zudem wird eruiert, ob die die Krankheit des Arbeitnehmers betriebliche Ursachen hat. Auch die Sozialdaten des Arbeitgebers (Alter, Betriebszugehörigkeit, Familienstand usw.) fallen hier ins Gewicht.
Regelmäßig erwartet die Rechtsprechung, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) durchgeführt hat. Hier wird im Gespräch mit dem Arbeitnehmer, dem Betriebsrat und ggf. Betriebsarzt und Schwerbehindertenvertretung ausgelotet, ob der Arbeitgeber am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers etwas verbessern kann, so dass die Fehlzeiten des Arbeitnehmers reduziert werden können. Eine krankheitsbedingte Kündigung, welche ohne ein vorheriges – zumindest versuchtes – BEM Verfahren ausgesprochen wird, dürfte in der Regel vor Gericht als unwirksam angesehen werden. Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer bei einem BEM Verfahren mitmachen sollte. Verweigert er seine Mitwirkung kann das BEM als gescheitert gewertet werden und den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen.
In der gerichtlichen Praxis dürften häufige Kurzerkrankungen die größte Rolle spielen.
Hier gilt zusätzlich: Bei den Fehlzeiten in der Vergangenheit werden die letzten drei Jahre des Arbeitsverhältnisses beleuchtet.
Kommt der Arbeitnehmer in den letzten drei Jahren im Schnitt nicht über sechs Wochen im Jahr, so ist dies nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes unerheblich. Die negative Zukunftsprognose kann also erst bei Fehlzeiten von über sechs Wochen pro Jahr im Schnitt der letzten drei Jahre überhaupt in Betracht kommen. Vom Arbeitgeber erwartete hohe Lohnfortzahlungskosten für die Zukunft können immer dann betriebliche Interessen beeinträchtigen, wenn die sechs Wochen im Jahr überschritten werden. Bei der Interessenabwägung ist wichtig, wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört bestanden hat.